Kinderfreundliche Schulen in Ruanda: Janette will lernen
In Ruanda leiden die Kinder noch immer unter den Folgen des furchtbaren Völkermords von 1994.
Hunderttausende Familien und ihre Lebensgrundlagen wurden damals zerstört. Doch die neue Generation schaut nach vorn und glaubt an ihre Zukunft. Bildung gibt ihnen das Rüstzeug dazu. Dank UNICEF und den „Kinderfreundlichen Schulen“ darf auch Janette Mukashyaka (9) weiterlernen.
Janette Mukashyaka besucht die zweite Klasse der Schule in Kanyinya in der Nähe von Ruandas Hauptstadt Kigali. Das neunjährige Mädchen weiß bis heute nicht, dass sie die Schule beinahe hätte verlassen müssen. Der Tod ihrer Mutter brachte die Familie an den Rand des Existenzminimums. Zwar gibt es in Ruanda keine Schulgebühren für die Grundschule, aber trotzdem fallen Kosten an, etwa für die Schuluniform und die Schulmaterialien. Dafür fehlte das Geld.
Kein Geld und keine Zeit für die Schule
Janettes Mutter ist vor einem Jahr bei der Geburt von Zwillingen gestorben. Auch die Babys haben nicht überlebt. Jetzt ist Janette mit ihrem Vater und ihrem kleinen Bruder allein. Die Familie lebte von einem kleinen Stück Land. Was sie anbauten, verkauften sie, oder sie nutzten es um die eigene Familie zu ernähren. Durch den Tod der Mutter fiel eine Arbeitskraft weg - und die große Schwester musste zu Hause alle Pflichten der ‚Hausfrau‘ übernehmen: Janette putzt das Haus, holt Wasser, wäscht die Wäsche und abends, nach der Schule, kocht sie noch für ihren Vater und ihren Bruder. Meistens gibt es irische Kartoffeln, ein übliches Gericht in Ruanda.
Zum Glück ist Janettes Vater, wie fast alle Eltern der Schüler der Kanyinya-Schule, Mitglied des Eltern-Lehrer Komitees und weiß, wie wichtig eine Schulausbildung für seine Tochter ist. In seiner Not wandte er sich an den Ausschuss. Eltern und Lehrer diskutierten den Fall und fanden schließlich eine Lösung: Die Schule stellt Janette eine Schuluniform und Schulmaterialien zur Verfügung. Da sie zu Hause andere Verpflichtungen hat, und ihr Haus, wie die meisten Häuser, nicht an das Stromnetz des Landes angeschlossen ist, kann sie zu Hause nach 18 Uhr nicht mehr lernen. Deshalb macht sie ihre Schulaufgaben bereits in der Schule. Wenn sie Hilfe braucht, ist ihre Lehrerin Valentine Umamatioro immer für sie da.
Eltern-Lehrer Komitees helfen
Das Komitee ist Teil des von UNICEF initiierten Ansatzes der ‚kinderfreundlichen Schule‘. Ziel ist es, Kindern das Lernen zu erleichtern und die Qualität des Unterrichts zu verbessern. Denn in Ruanda werden zwar 97 Prozent aller Kinder eingeschult. Studien zeigten jedoch, dass viele von ihnen nach vier Jahren Grundschule immer noch nicht richtig lesen, schreiben und rechnen können. Entsprechend schwer haben die Kinder es dann auf weiterführenden Schulen, falls sie überhaupt so weit kommen.
Die Regierung Ruandas hat der Verbesserung des Lernumfeldes und der Qualität des Unterrichts daher höchste Priorität gegeben und arbeitet mit Unterstützung von UNICEF daran, die nötigen Verbesserungen durchzuführen. Dazu zählen die Einführung von Vorschulklassen, Lehrerfortbildungen in interaktiven Unterrichtsmethoden, helle, luftige Klassenräume, getrennte sanitäre Anlagen für Jungen und Mädchen und nicht zuletzt die Eltern-Lehrer Komitees, die die Schüler moralisch und auch tatkräftig unterstützen. UNICEF fördert die Komitees durch das Bildungsministerium und mit Workshops.
Janette weiß bis heute nicht, dass sie die Schule fast hätte verlassen müssen. Ohne wenigstens eine Grundschulausbildung wäre sie ihr ganzes Leben lang dem unausweichlichen Kreislauf der Armut ausgeliefert gewesen. Sie ist eine der Klassenbesten und geht sehr gern zur Schule. Besonders genießt sie die Gesellschaft ihrer Klassenkameraden. Ihre beiden besten Freundinnen, Melissa und Sandrine, sieht sie nur in der Schule. Sie wohnen zu weit weg, um sie außerhalb des Unterrichts zu treffen. „Ich möchte gern Ärztin werden“, sagt sie. „Denn Ärzte helfen anderen Menschen wenn sie Schmerzen haben. In der Schule lerne ich alles, um meinen Traum wahr werden zu lassen“.