Überflieger in Malawi: Drohnen im Katastropheneinsatz
Leben und Arbeiten in Malawi ist immer aufregend.
Als Student kam ich in das Land, um den Straßenverkauf und Organisationsstrukturen von Märkten zu erforschen. Drei Jahre später finde ich mich bei UNICEF wieder und habe als Katastrophenhelfer nach Überschwemmungen mit Unbemannten Luftfahrzeugen (UAVs), besser bekannt als Drohnen, zu tun.
Auch in guten Zeiten sind ländliche Gebiete in Malawi nur sehr schwer zugänglich. Nach nach einer Blitzflut wird so manche Piste zum reißenden Fluss, was die betroffenen Gemeinden dann komplett von der Außenwelt abschneidet. Die Drohnen machen es möglich, das Gebiet gefahrlos zu überfliegen und uns von oben ein detailliertes Bild von der Situation zu machen.
Drohnen-Aufklärung bei Überschwemmungen
Meine Woche startete mit einer Anfrage der Behörde für Katastrophenhilfe, die Luftaufnahmen von überschwemmten Dörfern am Malawi-See brauchte. Wir nahmen Kontakt mit dem örtlichen Anbieter „Precision“ auf, der uns eine Drohne samt Pilot zur Verfügung stellte. Früh am Donnerstagmorgen verließen wir die Hauptstadt Lilongwe Richtung Salima. Nach Auskunft der Behörde waren 145 Haushalte betroffen, als der Fluss Lifidzi über die Ufer trat.
Nach einer holprigen Fahrt erreichten wir das Krisenzentrum, das in der Kandulu Grundschule provisorisch eingerichtet worden war. Es herrschte ziemlich Betrieb. Die Flutopfer mussten in Zelten untergebracht werden, um den Schulbetrieb nicht zu stören. Ein Laster mit Maissäcken wurde gerade abgeladen, Kinder rannten herum und spielten draußen Fußball. Frauen waren mit Wasserholen beschäftigt. Es war voll und laut, aber eine gute Stimmung. Blessings, der Nothilfe-Koordinator, rief das Team zusammen. Wir besprachen den bevorstehenden Drohnen-Einsatz.
Anhand der Luftaufnahmen können wir die Schäden an Gebäuden, Brücken, Feldern und Brunnen sehen, unsere Hilfe zielgenau planen und etwa einschätzen, wann die Familien wieder nach Hause können. Die UAVs zeigen uns auch die Flüchtlingsrouten und wo Hilfe gebraucht wird. Experten können anhand der Bilder die Wasserqualität beurteilen und vorhersagen, welche Ernteausfälle zu erwarten sind.
Ich fragte Blessings, ob uns einige Dorfbewohner begleiten wollten. Fünf Minuten später ging es los – Owen, der Pilot, Blessings, Watson und ich mit Verstärkung von Spear, Madalitso und Sangani. Spear ist Gesundheitshelfer aus Mkwaila. Er hatte ein Logbuch dabei mit Daten der Wasser-Bohrlöcher in der Gegend. Diese Informationen waren sehr wichtig für unsere Flugvorbereitungen: So konnten wir die 25 Minuten Reichweite der Drohne optimal nutzen und die beste Strecke planen.
Wir fuhren noch etwa 20 Minuten um so nah wie möglich heranzukommen. Wir parkten den Wagen, und unsere Führer begannen ihre Schuhe auszuziehen und die Hosen hochzukrempeln. Offenbar wurde die Sache ernst, und Owen und ich machten das gleiche. Eine Stunde wateten wir durch Wasser und Schlamm, überquerten den Fluss mit Hilfe eines Militärboots und waren endlich da.
Unser Einsatzort war ein Maisfeld etwa 1,5 km von dem Dorf Mkwaira entfernt. Nach weiteren Hinweisen von Ansässigen zur besten Flugroute startete Owen die Drohne unter dem Applaus der Anwesenden. Gespannt schauten wir zu, wie sie am Himmel verschwand. Danach scharten wir uns um Owens Bildschirm, um den Flug weiter zu verfolgen. Nach 25 Minuten kam die Drohne wieder zurück, voll beladen mit Fotos und Videos.
Zurück an der Kandulu Grundschule luden wir das Material hoch. Eine Frau schaute mir über die Schultern und zeigte auf den Monitor. Sie hatte wohl ihr Haus erkannt und war sichtlich erleichtert, dass es heil geblieben war und das Wasser schon wieder zurückging. „Fünf Tage bin ich weg, jetzt kann ich mein Haus mit den Augen der Drohne endlich wieder sehen“, freute sie sich.
Technische Innovation in der Humanitären Hilfe
UNICEF ist der Pionier in der Drohnenaufklärung in Malawi. In Nothilfeeinsätzen nutzen wir die Flugkörper auch, um Blutproben von Kindern zu den Labors zu transportieren und auf HIV zu testen. Wir werden die Regierung auch dabei unterstützen, weitere Einsatzmöglichkeiten zu prüfen. Das heißt nicht, dass künftig nur noch Techniker in der Nothilfe arbeiten. Ohne die Mithilfe der örtlichen Bevölkerung geht es nicht.
Die Steuerung der Drohne sollte idealerweise über einen Piloten laufen, plus einer weiteren Person, die die Kamera bedient. Mithilfe von zusätzlichen Bildschirmen können die Ortsansässige wertvolle Hinweise geben, um die bestmöglichen Bilder zu bekommen. Mittels der Daten können wir im Internet dann detaillierte Landkarten von der Region zur Verfügung stellen. Ausgedruckt auf wasserfestes Papier liefern sie den Zuständigen vor Ort eine gute Grundlage, um die Situation der Menschen gezielt zu verbessern.
Nicht nur in Malawi sehen wir, wie die neueste Technik kombiniert mit dem Wissen der Menschen vor Ort die besten Resultate liefert.
Gemeinsam können wir so wirksame Hilfe im Katastrophenfall leisten – damit Kinder und ihre Familien schnellstmöglich wieder zu ihrem normalen Leben zurückkehren können.