Eine Initiative für mehr Partizipation von Kindern und Jugendlichen auf EU-Ebene
Deutsche Jugendliche haben sich in Bukarest für mehr Mitspracherecht in der EU eingesetzt
Weswegen ist das Thema Teilhabe von Kindern und Jugendlichen auf EU-Ebene besonders wichtig? Was fordern Kinder und Jugendliche aus Europa, damit sie mitreden können bei Themen, die sie betreffen? Diese Fragen haben Anfang Mai 60 Kinder und Jugendliche mit rund 100 Vertretern und Vertreterinnen von Regierungen und Kinderrechtsorganisationen aus 23 EU-Mitgliedsstaaten in Bukarest diskutiert. Grundlage dieser Konferenz war die sog. Bucharest EU Children’s Declaration, die die gesammelten Forderungen europäischer Kinder enthält und nun an die EU übergeben wurde – eine Erklärung von Kindern, für Kinder. Diese Initiative wurde von UNICEF Rumänien gemeinsam mit der rumänischen Regierung ins Leben gerufen, die derzeit die EU-Ratspräsidentschaft innehat.
Aus Deutschland mit dabei auf der Konferenz in Bukarest waren Celina (15 aus Braunschweig) und Bastian (17 aus Schwäbisch Gmünd). Beide wirken darüber hinaus derzeit am zweiten Kinderrechtereport zur UN-Berichterstattung innerhalb eines Beteiligungsprojektes der National Coalition mit. Wir haben sie gefragt, warum es ihnen so wichtig war, sich für mehr Beteiligung zu engagieren.
Warum ist Partizipation von Kindern und Jugendlichen in der EU deiner Meinung nach so wichtig für Kinder und Jugendliche?
Bastian: Ich finde Partizipation von Kindern und Jugendlichen in der EU wichtig, denn wir Kinder unter 18 Jahren sind ja mehr als ein Fünftel der europäischen Bevölkerung. Und wenn Europa für Gerechtigkeit stehen soll, dann sollten Kinder in politische Entscheidungen mit einbezogen werden. Diese Entscheidungen gelten zum Teil für einen langen Zeitraum und betreffen deswegen in erster Linie Kinder und junge Menschen – sie sind diejenigen, die später Europa ökonomisch und gesellschaftlich gestalten werden. Gerechte Entscheidungsfindung ist nur möglich, wenn unsere Meinungen und Interessen berücksichtigt werden.
Celina: Ich finde, Kinder und junge Menschen sollten einfach mitreden können - auch wenn es nur um kleine Sachen geht. Es muss ja nicht gleich im Parlament sein, sondern zum Beispiel in Schulen. Denn Kinder und Jugendliche wissen, wie sie sich ihre Zukunft vorstellen. Und manche Kinder haben wirklich bessere Ideen als ältere Leute. Viele sagen, dass wir Kinder und junge Menschen die Zukunft sind, aber dennoch dürfen wir oft nicht mitreden.
In Bukarest wart ihr mit Kindern und Jugendlichen aus vielen EU-Mitgliedsstaaten zusammen, um euch gemeinsam für die Beteiligungsrechte von Kindern stark zu machen. Was war hier euer größtes Anliegen?
Celina: Es ist wichtig, dass Kinder schon in der Schule darüber informiert werden, was das Recht auf Beteiligung ist – so wie es auch in der Kinderrechtskonvention verankert ist. Viele wissen gar nicht, dass sie eine Stimme haben und dass sie etwas bewegen können. Man sollte schon in der Grundschule über dieses wichtige Thema sprechen, dann würde vielleicht mehr darüber geredet werden und es gäbe eine größere unterstützende Gruppe für das Thema als uns, die hier in Bukarest diskutieren.
Bastian sieht das ähnlich: Kinder und Jugendliche haben im Schulalter eine Reife mit der sie Dinge lernen können und Rechte wie das Recht auf Partizipation wahrnehmen können. Ich finde es wichtig, das Recht auf Partizipation ins Schulsystem zu integrieren. Erst wenn Kinder ihre Rechte kennen, können sie diese auch in Anspruch nehmen. Da jedes Kind auch das Recht haben sollte zur Schule zu gehen, wäre jedes Kind einbezogen. Das wäre ein guter Anfang!
Was muss deiner Meinung nach passieren, damit Kindern und Jugendlichen auf EU-Ebene zugehört wird und sie in Entscheidungen involviert werden?
Bastian: Schwere Frage! Es sollte mehr Prozesse und Konferenzen wie die in Bukarest geben, an denen Kinder und Jugendliche sich beteiligen können. Bisher sind solche Konferenzen nur für bestimmte informierte Gruppen zugänglich, aber es sollten in Zukunft alle Kinder und Jugendlichen die Möglichkeit haben an solchen Prozessen teilzunehmen - beispielsweise, weil sie in der Schule davon gehört haben.
Celina: Es sollte erstmal ein paar Testrunden geben, wo Kinder ausgewählt werden, um an wichtigen politischen Entscheidungen mit einbezogen zu werden. Dann würden Politiker wahrscheinlich sehen, dass wir etwas beitragen können, sehr viel wissen und nicht zu klein sind, um unsere Interessen zu vertreten. Ich finde, man sollte den Kindern und Jugendlichen wirklich mal eine Chance geben.
Was würde sich in der EU verändern, wenn Kinder und Jugendliche tatsächlich an politischen Entscheidungsprozessen teilhaben würden?
Celina: Ich glaube, es würde sich einiges verändern! Manche Kinder sind sehr kreativ und können für manche Probleme Lösungen finden, für die Politiker derzeit keine Lösungen haben. Ich denke, es würden gute Sachen daraus entstehen, wenn Kinder und Jugendliche und ältere Leute zusammenarbeiten würden.
Bastian: Europa wäre ein gerechterer Ort. Kindern eine Stimme zu geben, das wäre ein Zeichen von Respekt und gerechter Behandlung. Ich glaube, das würde viel in der Politik ändern, denn diese Kinder und Jugendlichen werden unsere Politiker der Zukunft oder andere wichtige Personen sein. Wenn sie bereits jetzt erfahren, dass ihre Stimme wichtig ist, dann können sie besser die Zukunft gestalten. Ich schätze, dass Herausforderungen wie Armut oder Bildungszugang besser angegangen würden. Wenn Kinder und junge Menschen mitreden und Verantwortung tragen würden, dann könnten sie ihre eigene Zukunft mitgestalten.
Das Recht auf Beteiligung von Kindern sollte innerhalb der EU berücksichtigt werden. Welche Botschaft habt ihr an die Kandidaten und Kandidatinnen zur Europawahl?
Bastian: Eines wäre mir wichtig: Die Europapolitiker sollten nochmal drüber nachdenken, was für eine Wirkung es haben kann, das Recht auf Partizipation ins Bildungssystem zu integrieren. Kandidaten und Kandidatinnen sollten verstehen, wie wichtig es ist, die eigenen Rechte zu kennen, um diese auch zu nutzen. So müssen Kinder über ihr Recht auf Beteiligung informiert sein, um dieses Recht einzufordern. Ein Weg dazu wäre, dass die Europapolitiker das Recht auf Partizipation im Bildungssystem integrieren. Mich würde auch interessieren, was die Kandidaten und Kandidatinnen zu einer finanziellen Unterstützung zur Umsetzung des Rechts auf Beteiligung zu sagen hätten.
Celina: Die Kandidaten und Kandidatinnen sollten nicht mehr versprechen, als sie einhalten können. Es wäre schön, wenn sich die neu gewählten Abgeordneten mit Kindern und Jugendlichen treffen würden und sich dem Thema Partizipation von Kindern und Jugendlichen annähern, sich dazu informieren und wirklich mit Kindern und Jugendlichen zusammenarbeiten.
Und jetzt?
Jugendliche brauchen Möglichkeiten, die europäische Politik mitzugestalten. Denn die Entscheidungen betreffen vor allem sie: die Kinder und Jugendlichen selbst. Celina sagt, dass sie sich freuen würde, wenn Deutschland in Zukunft ein Vorbild für das Thema sein könnte.