Belen aus Ecuador: Tradition und Tatendrang
Als Kayambi gehört die 16-jährige Belen zu einer indigenen Volksgruppe in Ecuador. Seit vier Jahren engagiert sie sich für ihre Gemeinschaft und lässt alte Rituale wieder aufleben.
Belens Blick gleitet über die Wiese. Weiße und rote Rosenblätter sprenkeln die Rasenfläche. Die wartenden Frauen und Männer, Mädchen und Jungen tragen die Tracht der Kayambi – der Volksgruppe, der auch Belen angehört.
Es ist Zeit. Belen erhebt ihre Stimme. Sie huldigt Mama Kayambi, der Göttin des Berges Cayambe, so wie es ihre Ahnen einst taten. Sie singt die alten Lieder, streckt die Arme aus und bittet die Geister um Glück für den neu eröffneten Markt.
Solche Zeremonien halten die Kayambi aus dem Dorf Paquiestancia im Norden Ecuadors nach alter Tradition ab. Die Volksgruppe ist eine von 14 indigenen Gemeinschaften im Land. Das heißt: Sie alle pflegen ihre eigene Sprache und Kultur – seit unzähligen Generationen.
Dass eine 16-Jährige die Zeremonie leitet, ist etwas Besonderes, auch für Belen selbst. Sie erinnert sich: „Früher war ich sehr schüchtern, hatte Angst, etwas Falsches zu sagen. Mit zwölf Jahren habe ich dann zum ersten Mal unsere Jugendgruppe besucht.“ Diese gehört zur Organisation „Pueblo Kayambi“, dem Verband der Volksgruppe der Kayambi, und wird von UNICEF unterstützt.
Rund 30 Kinder und Jugendliche lernen dort ihre Rechte kennen, sie reden über Probleme in der Gemeinschaft, ihre Herkunft und Traditionen. „Schon beim ersten Treffen wusste ich, hier möchte ich weitermachen“, erzählt Belen. Schon bald hat sie ihre Schüchternheit überwunden und ermutigt andere Kinder, ihre Meinung zu sagen und die Traditionen zu leben
Auch die Erwachsenen hören Belen zu. Wegen ihrer Überzeugungskraft ernennt der Gemeinderat sie zu seinem jüngsten Mitglied, zur Vizepräsidentin des Kinderrechterats. Eine gute Position, um zu helfen, findet Belen.
Wegen der der Corona-Pandemie schloss die Regierung den Markt in der nahen Stadt Cayambe. Eine Katastrophe für die Familien in Paquiestancia. Denn dort verkaufen sie ihre Milch. Belen wusste: Ohne Einkommen fehlt es den Menschen hier bald an allem. Also gründete sie kurzerhand einen neuen, kleinen Markt – und bittet in der Zeremonie die Götter um dessen Erfolg.
Auch an ihrer eigenen Zukunft arbeitet Belen hart, indem sie für die Schule lernt. Sie weiß: Ein guter Abschluss ist wichtig. Denn Belen möchte Anwältin werden, um ihre Gemeinschaft in Zukunft noch besser unterstützen zu können.