Eine besondere Schule für ein besonderes Mädchen
Sechs Jahre lang blieb Dao in ein und derselben Klasse: der 2b der Anh-Sang-Grundschule in Vietnam. Es fällt ihr schwer, im Unterricht mitzukommen, Zusammenhänge zu verstehen oder sich Dinge zu merken. Grund dafür ist eine geistige Behinderung, mit der sie zur Welt gekommen ist. Viele Kurse muss sie jahrelang wiederholen – ohne Erfolg.
Ein Schulwechsel in der Metropole Ho-Chi-Minh-Stadt verändert nun Daos Leben.
Ho Thi Thanh Dao ist 14 Jahre alt und lebt in Vietnam. Eine spezielle Lernförderung ist an ihrer Schule nicht möglich, doch genau die bräuchte sie dringend. Vor sechs Jahren wurde Dao eingeschult. Heute geht sie erst in die zweite Klasse. Grund dafür ist ihre Lernschwäche: Ihre kognitiven Fähigkeiten sind stark unterentwickelt.
Als Dao in die Schule kam, dachte ihre Familie, dass sie den Unterricht wie jedes andere Kind mitmachen kann. Heute – sechs Jahre später – wird sie endlich auf eine neue Schule versetzt, die auf Kinder mit Behinderung spezialisiert ist und sich ihren Bedürfnissen anpasst. Neben dem normalen Lehrplan wird eine erste Berufsausbildung vermittelt, um den Kindern später zu helfen, eigenständig ihren Lebensunterhalt zu verdienen.
Ein Tag mit Dao
Dao kommt jeden Morgen mit dem Fahrrad zur Schule. Zum Glück ist die nur wenige hundert Meter von ihrem Zuhause entfernt. Sie lernt Lesen, Schreiben und Rechnen zusammen mit fast 300 anderen Schülerinnen und Schülern.
Gegen elf Uhr ist Schulschluss – aber nicht für Dao. Dann radelt sie weiter zum Thao Dan Zentrum, das nur etwa zwei Kilometer von ihrer Schule entfernt ist. Mit der Hilfe von UNICEF konnte das Zentrum ins Leben gerufen werden. Es ist ein Ort für benachteiligte Kinder. Sie isst im Zentrum zu Mittag und besucht anschließend weitere Kurse. Hier lernt sie Englisch und besucht einen Zeichenkurs.
Dao liebt es, kreativ zu sein. Malen hilft ihr sich auszudrücken, wo ihr Worte fehlen. "Wenn ich Schwierigkeiten habe, dann zeichne ich, um mich besser zu konzentrieren", erklärt die Schülerin.
Nach dem Unterricht hilft sie ihrer Mutter bei der Hausarbeit und kümmert sich um die drei Hunde der Familie. Die vierköpfige Familie lebt in einem kleinen Zimmer im Dachgeschoss eines alten Wohnhauses in der Millionen-Stadt Ho-Chi-Minh.
Manchmal kommt Dao auch am Wochenende in das von UNICEF unterstützte Lernzentrum. Es gibt verschiedene Kurse, die den Kindern helfen, selbstsicher zu werden und wichtige Kompetenzen aufzubauen. Und es macht natürlich Spaß, mit gleichaltrigen Freunden Zeit zu verbringen.
Daos kreative Ader
Daos Traum ist es, zeichnen zu lehren und später einmal als Visagistin zu arbeiten. Sie will auch Gesang und Tanz lernen. Sich künstlerisch auszudrücken hilft Dao dort, wo ihr Worte fehlen.
„Wenn wir zuerst die Behinderung sehen, ist das nicht nur falsch für das Kind. Sondern diese Sichtweise enthält der Gesellschaft all das vor, was dieses Kind ausmacht“, erklärt Nguyen Thi Thanh Huong, UNICEF-Mitarbeiterin in Vietnam.
Mittendrin sein, zusammen mit anderen Kindern spielen, lernen und lachen können – darauf haben auch behinderte Kinder ein Recht.
In vielen Entwicklungsländern erhalten Kinder mit Behinderungen keinerlei Unterstützung. Sie werden diskriminiert und ausgegrenzt. Kindergärten und Schulen sind auf ihre Bedürfnisse kaum eingestellt. Wir statten weltweit spezielle Zentren aus, schulen Betreuer und zeigen Eltern, wie sie die Entwicklung ihrer Kinder unterstützen können. Denn Aufklärungsarbeit hilft, Vorurteile abzubauen.