© ShutterstockBundestagswahl 2021: Kinder rennen lachend über eine Wiese
Gut zu wissen

Aufbruch für Kinder?

Die neue Bundesregierung hat ihre Arbeit aufgenommen und sich auch für Kinder, Jugendliche und Familien viel vorgenommen. Mit Christian Schneider, Geschäftsführer von UNICEF Deutschland, haben wir über die Vorhaben der Ampelkoalition gesprochen und darüber, worauf es aus Sicht von UNICEF in dieser Legislaturperiode für Kinder ankommt. 


von Jenifer Stolz

Herr Schneider, Bundeskanzler Scholz rief in seiner Neujahrsansprache zu einem „Aufbruch in eine neue Zeit“ auf. Kann mit dem aktuellen Regierungsprogramm auch ein Aufbruch für Kinder gelingen? Und was ist dabei für UNICEF besonders dringend?

Schneider: Ein Umdenken in der Politik ist gerade mit Blick auf die Lage der Kinder angesichts der komplexen Herausforderungen, vor denen wir stehen, dringend nötig. Covid-19, die Klimakrise, langandauernde Konflikte, aber auch Armut und Ungleichheit – all dies prägt unsere heutige Zeit. Kinder sind davon besonders betroffen: besonders schwer und besonders lange. Deshalb muss der „Aufbruch“, zu dem Bundeskanzler Scholz aufruft, der Start sein in eine Zeit des Handelns für Kinder und mit ihnen gemeinsam. Wir brauchen sozusagen eine Dekade für Kinderrechte.

Der Koalitionsvertrag – also der Fahrplan der Regierung – enthält viele wichtige Ansätze, um die Rechte der Kinder und Jugendlichen zu stärken und auch den globalen Krisen wirksam zu begegnen. Dazu zählen für mich das eindeutige Bekenntnis zu den Klimaschutzzielen von Paris und den Nachhaltigen Entwicklungszielen der Vereinten Nationen sowie die Ausrichtung der internationalen Politik an den Menschenrechten.

Wenn wir auf dem Weg in eine neue Zeit niemanden zurücklassen wollen, dann muss sich die deutsche Politik der nächsten Jahre klar und stärker als bislang am Wohl von Kindern und an der Verwirklichung ihrer Rechte orientieren. Ziel einer Politik mit Zukunft muss es sein, dass die jungen Menschen von heute und auch kommende Generationen in einer freien, gerechten und nachhaltigen Welt aufwachsen. Und sie müssen die Möglichkeit haben, diese Welt mitzugestalten.

Mit Blick auf die Kinder und Jugendlichen hier bei uns beinhaltet das Regierungsprogramm aus unserer Sicht eine Reihe richtungweisender Vereinbarungen. Dazu zählen die geplante Einführung einer Kindergrundsicherung und die Aufnahme der Kinderrechte ins Grundgesetz. Wir hoffen, dass Deutschland zudem auch weiterhin seiner globalen Verantwortung nachkommt und weltweit einen wesentlichen Beitrag zur Verwirklichung der Werte leistet, zu denen es sich verpflichtet hat. Dazu gehört die Umsetzung der Kinderrechte, für jedes Kind.

Der Aufbruch in eine neue Zeit muss der Start in eine Zeit des Handelns sein – für Kinder und mit ihnen gemeinsam

Christian Schneider, Geschäftsführer des Deutschen Komitees für UNICEF
Christian Schneider

Zur Bundestagswahl hat UNICEF Deutschland gefordert, dass sich die neue Bundesregierung verstärkt für soziale Gerechtigkeit, die wirkungsvolle Beteiligung von Kindern und Jugendlichen und eine an den Kinderrechten orientierte Umwelt- und Klimapolitik einsetzen soll. Warum ist das aus der Sicht von UNICEF so zentral für diese Legislaturperiode?

Schneider: Vor dem Hintergrund der Pandemie und der Klimakrise muss es der Bundesregierung in den nächsten Jahren gelingen, die Chancen und die Teilhabe von Kindern in allen Lebensbereichen zu erhöhen. Aus unserer Sicht sind dabei die drei Handlungsfelder, die Sie genannt haben, zentral, um den Herausforderungen zu begegnen, denen Kinder und Jugendliche in Deutschland wie weltweit gegenüberstehen.

Wenn jetzt nicht gegengesteuert wird, sind manche Entwicklungen wie beispielsweise einige Folgen des Klimawandels unumkehrbar. Deshalb ist das Handeln der aktuellen Bundesregierung so entscheidend.

Bei ihrem politischen „Aufbruch in eine neue Zeit“ muss die Bundesregierung Kinder und Jugendliche mitnehmen. Das bedeutet: Sie muss, wie im Koalitionsvertrag vorgesehen, junge Menschen aktiv fördern und bei politischen Entscheidungen einbeziehen. Kinder und Jugendliche haben ein Recht darauf. Und zukunftsorientierte Politik wird besser, wenn wir diejenigen ernst nehmen, die am meisten Zukunft vor sich haben.

Info

Zur Bundestagswahl 2021 hat UNICEF Deutschland an die kommende Bundesregierung appelliert, die Verwirklichung der Kinderrechte zum Kompass einer zukunftsorientierten Politik zu machen. Das Positionspapier „Eine Politik mit Zukunft – für Kinder und mit Kindern“ enthält unter anderem Maßnahmen zur Stärkung der Teilhabechancen benachteiligter Kinder und Jugendlicher in Deutschland sowie zur Verbesserung der Situation von Kindern in Entwicklungsländern und Krisengebieten.

Soziale Gerechtigkeit ist ein wichtiges Thema für UNICEF weltweit. Was hat sich die neue Regierung vorgenommen – und wie bewerten Sie das?

Schneider: Alle Kinder sollten die gleichen Chancen haben, das Beste aus ihrem Leben zu machen. Doch weltweit sind nach wie vor viele junge Menschen benachteiligt, weil sie beispielsweise in einer ärmeren Familie aufwachsen. Seit Beginn der Pandemie sind 100 Millionen weitere Kinder weltweit in eine Situation mehrdimensionaler Armut gerutscht, das sind zehn Prozent mehr als 2019. Und auch in einem Industrieland wie Deutschland waren vor drei Jahren fast 1,5 Millionen Kinder unter 16 Jahren von Armut betroffen. Diese Situation hat sich durch die Auswirkungen von Covid-19 bis heute wahrscheinlich noch verschärft.

Die neue Bundesregierung hat sich viel vorgenommen, um die soziale Gerechtigkeit zu fördern. Wir begrüßen insbesondere die Absicht, in Deutschland mehr Kinder aus der Armut zu holen und eine Kindergrundsicherung einzuführen. Die neue Bundesregierung muss jetzt schnell handeln, um in dieser Legislaturperiode die entsprechenden Gesetzesänderungen auf den Weg zu bringen, um eine echte Verbesserung für von Armut betroffene Kinder zu bewirken.

Um die soziale Inklusion zu fördern, will die Bundesregierung auch auf europäischer Ebene und weltweit soziale Sicherungssysteme stärken. Hier kommt es in der Umsetzung darauf an, dass davon ganz direkt Kinder profitieren, zum Beispiel über die so genannte europäische Kindergarantie. In dieser EU-Initiative haben sich die EU-Mitgliedstaaten verpflichtet, einen Aktionsplan zu entwickeln, um die am meisten benachteiligten Kinder zu unterstützen zum Beispiel mit guter Gesundheitsversorgung, Wohnraum und Zugang zu qualitativ hochwertiger Kinderbetreuung. UNICEF arbeitet daran sowohl auf europäischer als auch auf nationaler Ebene mit. Die Kindergrundsicherung und die Kindergarantie basieren letztlich auf den Kinderrechten und müssen intelligent miteinander verknüpft werden.

Erfreulich ist, dass die neue Regierung auch höhere Investitionen im Bildungsbereich plant. Damit sollen beispielsweise Schulen mit einem hohen Anteil sozial benachteiligter Schüler*innen gestärkt und Stellen für schulische Sozialarbeit in sogenannten Brennpunktbezirken geschaffen werden.

Deutschland: Flüchtlingskinder lernen in einer Bildungseinrichtung.

Bildungseinrichtungen sind nicht nur ein wichtiger Ort der Begegnung und des Lernens und damit ein Schlüssel für eine spätere Integration, sondern bieten vor allem auch Stabilität und Geborgenheit für geflüchtete und migrierte Kinder.

© UNICEF/UN026259/Gilbertson VII Photo

Zu den eher benachteiligten Kindern gehören in Deutschland auch geflüchtete und migrierte Kinder. Denken Sie, dass sich ihre Situation mit den Plänen der Regierung verbessern lässt?

Schneider: Wir freuen uns, dass die neue Bundesregierung sich zum Ziel gesetzt hat geflüchtete und migrierte Kinder schneller zu integrieren, Chancengleichheit zu schaffen und schnellen Zugang zu Bildung zu ermöglichen. Auch wenn in den letzten Jahren viel erreicht wurde, sind dies notwendige Schritte, damit geflüchtete und migrierte Kinder in Deutschland besser Fuß fassen können.

Gutes Ankommen gelingt vor allem dann, wenn die Familien so schnell wie möglich auf die Kommunen verteilt werden und in ihren eigenen Wohnungen leben können, um ihr Leben selbst in die Hand nehmen zu können. Das muss auch Ziel der neuen Bundesregierung sein. Es geht darum sicherzustellen, dass geflüchtete und migrierte Kinder ihre Potentiale entfalten können. Zum Beispiel können bislang viele Kinder erst nach der Zuweisung auf die Kommune in die Schule gehen. Dabei zählt für die Kinder jeder Tag in der Schule.

Wir können davon ausgehen, dass sich Kinder und ihre Familien weltweit auch in Zukunft auf die oftmals gefährliche Flucht begeben müssen. Daher ist es von großer Bedeutung, dass die neue Regierung sich vorgenommen hat, vermehrt Wege der sicheren Einreise zu ermöglichen, etwa durch die Erleichterung des Familiennachzugs, auch für die Geschwister unbegleiteter geflüchteter Kinder.

Doch auch wenn Kinder auf anderen Wegen in Europa ankommen, muss sichergestellt sein, dass ihnen ihr Recht auf Asyl gewährleistet wird und in allen weiteren Verfahren die Interessen und das Wohl der Kinder vorrangig berücksichtigt werden. Das muss auf der Agenda für die europäische Asyl- und Flüchtlingspolitik ganz oben stehen. Wenn die neue Regierung es schafft, diese Punkte umzusetzen, hat sich die Situation für viele geflüchtete und migrierte Kinder sicherlich verbessert.

Schloss Bellevue: Jugendliche reden mit Bundespräsident Steinmeier über Kinderrechte.

Im Oktober 2021 lud Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier Jugendliche in das Schloss Bellevue ein, um einen Tag lang gemeinsam über Themen wie beispielsweise Teilhabe und Chancengleichheit, Klimaschutz und digitale Bildung zu diskutieren.

© Bundespräsidialamt/Andrea Katheder

Sie haben schon das Thema Partizipation angesprochen. Reichen die Pläne der neuen Bundesregierung aus, um die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen in Deutschland in den nächsten vier Jahren entscheidend zu verbessern?

Schneider: Die Ampelkoaltion hat in ihrem Regierungsprogramm sehr deutlich erklärt, dass sie junge Menschen an Entscheidungen, die sie betreffen, beteiligen will. Das ist ein wichtiges Versprechen an die junge Generation, die ja gerade in der Zeit der Pandemie kaum gehört wurde.

Wir sind gespannt, wie dieses Versprechen nun umgesetzt wird. Einige Schritte, um Kindern in Politik und Gesellschaft als Expert*innen in eigener Sache mehr Gehör zu geben, lassen sich im Koalitionsvertrag finden: die angekündigte Absenkung des Wahlalters, vor allem aber der geplante National Aktionsplan für Kinder- und Jugendbeteiligung.

Für uns als Kinderrechtsorganisation kommt es darauf an, dass die Partizipation von Kindern und jungen Menschen auf allen politischen Ebenen verankert und als Querschnittsaufgabe für alle Politikfelder verstanden wird. Sie sollte Teil einer Gesamtstrategie zur Umsetzung der Kinderrechte sein. Gleichzeitig sollte es einen durchdachten und echten Ansatz geben, der die Interessen von Kindern tatsächlich aufnimmt und sie nicht nur zum Schein beteiligt.

Waren Sie überrascht, dass das Vorhaben, die Kinderrechte im Grundgesetz zu verankern, erneut Eingang in den Koalitionsvertrag gefunden hat, und denken Sie, dass es in dieser Legislaturperiode eine Grundgesetzänderung gelingen wird?

Schneider: Das Scheitern des Vorhabens in der letzten Legislaturperiode war ein herber Dämpfer für die Kinder, Jugendlichen und Familien in Deutschland. Umso erfreulicher ist es, dass die neue Regierung nun erneut die Chance nutzen möchte, mit der Aufnahme der Kinderrechte ins Grundgesetz, Kinder und ihre Familien nachhaltig zu stärken.

Wirklich überrascht hat es mich nicht, dass das Vorhaben Eingang in den Koalitionsvertrag gefunden hat. Sowohl die SPD als auch die Grünen hatten diesen Punkt in ihren Wahlprogrammen, auch die FDP trat zum Ende der vergangenen Legislaturperiode dafür ein, dass die Kinderrechte ausdrücklicher formuliert werden sollten.

Es wäre ein großer Erfolg, wenn die Bundesregierung dieses Vorhaben nun endlich – genau 30 Jahre nach dem Inkrafttreten der Kinderrechtskonvention in Deutschland – zum Ziel führen würde. Damit dies gelingt, ist ein breiter politischer Konsens nötig. Wir ermutigen die politischen Akteure, rasch das Gespräch zu suchen, um den Schritt in dieser Legislaturperiode mit einem wirkungsvollen Vorschlag endlich zu tun.

Eine Junge in Kiribati auf dem Weg von der Schule nach Hause.

Als Folge des Klimawandelns sind insgesamt 570 Millionen Kinder in Küstenregionen oder an Flüssen stark von Überschwemmungen betroffen.

© UNICEF/UN055820/Vlad Sokhin

Klimapolitik ist im neuen Koalitionsvertrag stark verankert. Wie schätzen Sie die Pläne der Koalition ein – gerade mit Blick auf Kinder weltweit?

Schneider: Wir begrüßen ausdrücklich das klare Bekenntnis der Ampelparteien zu einem gemeinsamen Weg zum Klimaschutz. Die Bekräftigung des 1,5-Grad-Ziels aus dem Pariser Klimaabkommen, das mit konkreten Schritten untermauert ist, sowie die Zusagen, die Verpflichtungen zur internationalen Klimafinanzierung einzuhalten und Klimaschutz- und Anpassungsmaßnahmen in den Partnerländern Deutschlands zu fördern, sind entscheidende Schritte auf dem Weg in eine lebenswerte Zukunft.

Dabei kommt es darauf an, dass alle geplanten Maßnahmen diejenigen erreichen, die besonders schutzbedürftig sind. Dazu gehören vor allem Kinder. Schon jetzt sind weltweit etwa eine Milliarde Kinder aufgrund der Auswirkungen des Klimawandels extrem stark gefährdet. Nahezu jedes Kind auf der Welt ist mindestens einer Form von klima- und umweltbedingten Gefahren, Schocks und Belastungen ausgesetzt.

Der Handlungsdruck für die Regierung ist also groß. Wenn wir sofort die notwendigen Maßnahmen ergreifen, können wir Kinder noch vor den schlimmsten Auswirkungen des sich bereits ändernden Klimas schützen und ihre Fähigkeiten stärken, mit bereits unvermeidbaren Klima- und Umweltgefahren umzugehen.

Indonesien: Der 9-jährige Aditia mit einem Sozialarbeiter.

Aditia aus Indonesien spricht mit einem Sozialarbeiter. Der 9-jährige wuchs ohne seinen Vater auf und verlor im vergangenen Jahr seine Mutter, die an Covid-19 starb. UNICEF kümmert sich unter anderem in Indonesien darum, dass Kinder wie Aditia Zugang zu psychosozialer Unterstützung haben.

© UNICEF/UN0566482/Ose

Mit der Klimapolitik ist eng die globale Verantwortung Deutschlands verbunden. Welche Aufgaben hat die Bundesregierung in den nächsten vier Jahren in der internationalen Zusammenarbeit?

Schneider: Fest steht, dass Deutschland eine zentrale Rolle und große Verantwortung für Frieden, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit in der Welt hat. Dazu finden sich im Koalitionsvertrag in Bezug auf Deutschlands globale Verantwortung einige Punkte, die sich mit unseren Empfehlungen an die neue Bundesregierung weitgehend decken. Die Bedeutung dieser Vorhaben für Kinder und ihre Rechte weltweit wird allerdings nicht explizit erläutert. Aus meiner Sicht ist diese Nachschärfung wichtig. Ich denke hier unter anderem an wichtige finanzielle Zusagen beispielsweise zur ODA-Quote, zur Klimafinanzierung oder zur Humanitären Hilfe, die verstetigt und ausgebaut werden soll, auch mit Blick auf die sogenannten vergessenen Krisen.

Ebenso ist die Verpflichtung zu den im sogenannten Grand Bargain festgelegten Standards zur Effizienz, Transparenz und Wirkmächtigkeit der humanitären Hilfe und die Absicht, die Humanitäre Hilfe eng mit der Entwicklungszusammenarbeit und der Friedensförderung zu verzahnen, für Organisationen wie UNICEF ungemein wichtig. Wir können so nicht nur flexibel und zielgerichtet reagieren, sondern Krisen präventiv begegnen und Stabilität langfristig fördern. Im Koalitionsvertrag fehlt bei all diesen zentralen Punkten jedoch die dringend notwendige Orientierung an den Bedarfen und Rechten von Kindern und Jugendlichen.

Ich bin aber optimistisch, dass dies nun in der Praxis der internationalen Zusammenarbeit umgesetzt wird. Denn eine wirkungsvolle Entwicklungspolitik, humanitäre Hilfe und globale Menschenrechtspolitik werden mehr denn je über die Zukunft der heutigen und kommenden Generationen entscheiden. Deshalb sollte die Bundesregierung ihr internationales Handeln strategisch an der Umsetzung der Kinderrechte ausrichten und Sektoren mit höchster Relevanz für die Entwicklung von Kindern verstärkt fördern. Vor allem in den Bereichen Bildung, mentale Gesundheit und psychosoziale Unterstützung, Gesundheit und Impfungen sowie im Bereich der Wasser-, Hygiene- und Sanitärversorgung, der Ernährung und der sozialen Sicherung sind besondere Anstrengungen nötig. Absolut zentral für erfolgreiches Handeln im Sinne der Agenda 2030 sind hierfür innovative und verantwortungsvolle Partnerschaften – von der Zivilgesellschaft über die Wissenschaft bis zur Privatwirtschaft.

Kamerun: Kinder lernt in einer öffentlichen Schule mit einem Tablet.

Jedes Kind weltweit soll Zugang zu guter Bildung haben – das ist das Ziel der Agenda 2030, für das sich auch UNICEF seit vielen Jahren einsetzt.

© UNICEF/UN0551729/Dejongh

Woran werden Sie die Arbeit der Bundesregierung in vier Jahren messen?

Schneider: Wie gut ist es ihr gelungen, die Lebensbedingungen und Perspektiven von Kindern in Deutschland und in anderen Ländern nachhaltig zu verbessern – das ist die zentrale Frage, an der wir die Bundesregierung messen. Also an der Verwirklichung der Kinderrechte. Wo wir hier stehen, lässt sich gut daran ablesen, wie weit wir bei der Umsetzung der Agenda 2030 gekommen sind.

Das mag vielleicht überraschen. Aber die in der Agenda verankerten 17 Nachhaltigkeitsziele haben eine zentrale Bedeutung für das Wohlbefinden von Kindern. Da geht es darum, Hunger und Mangelernährung bei Kindern zu beenden, der Kindersterblichkeit ein Ende zu setzen und Kinderarbeit abzuschaffen. Alle Kinder sollen Zugang zu einer guten Bildung haben und die Chancengleichheit soll gefördert werden.

Wenn voraussichtlich im Herbst 2025 die nächste Bundestagswahl stattfindet, bleiben uns nur noch fünf Jahre, um die Agenda 2030 umzusetzen. Im Augenblick – das muss man leider mit großer Besorgnis sagen – sind wir als Weltgemeinschaft weit davon entfernt davon. Sicher hat die Pandemie Fortschritte bei der Erreichung der Ziele zunichtegemacht. Allerdings waren viele Länder auch vor der Krise nicht auf einem guten Weg.

Worauf es jetzt ankommt, ist ein stärkerer Einsatz bei der Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele. Das ist wichtiger denn je. Kinder und ihre Rechte müssen dabei im Mittelpunkt stehen.

Die Bundesregierung hat die SDGs zur Richtschnur ihrer Politik erklärt. Das ist sehr gut. Wenn Deutschland einen entscheidenden Beitrag zur globalen Umsetzung der Agenda 2030 leisten will, muss die Bundesregierung dringend mehr für den Schutz, die Förderung und die stärkere Beteiligung von jungen Menschen tun.

Info

Hätten Sie’s gewusst?

Jedes der in der Agenda 2030 verankerten 17 Ziele hat eine zentrale Bedeutung für Kinder und ihr Wohl. Zahlreiche der Ziele beziehen sich sogar direkt auf eines oder mehrere Kinderrechte. Lesen Sie hier mehr über die nachhaltigen Entwicklungsziele und warum wir sie nur erreichen können, wenn wir kein Kind zurücklassen.

Jenifer Stolz UNICEF Deutschland
Autor*in Referentin Politik/Advocacy