Interview mit Américo Muianga, UNICEF-Experte für Wasser und Hygiene

Über Brunnenbau

Was tut ein Dorf, das einen Brunnen haben möchte?

Das Dorf muss bei der lokalen Wasserbehörde einen offiziellen Antrag stellen. UNICEF hilft dann, den Bedarf zu prüfen – Experten fahren in die Region, schauen, wie viele Menschen dort leben, ob es schon Brunnen gibt, wie die geologischen Voraussetzungen sind. Danach erstellt die Behörde eine Prioritätenliste. UNICEF hilft auch bei der Ausschreibung und beauftragt lokale Unternehmen mit dem Bau. Die Dorfbewohner müssen sich verpflichten, beim Brunnenbau zu helfen – zum Beispiel mit Sand, Steinen und ihrer Arbeitskraft.

Was kostet ein Brunnen?

Ein etwa 30 Meter tiefer Brunnen, der bis zu 500 Menschen versorgt, kostet etwa 5.000 Euro – inklusive der Handpumpe. Wir haben aber auch noch andere Möglichkeiten, die Menschen mit sauberem Wasser zu versorgen. In den Provinzen Buzi und Manaja de Costa haben wir zum Beispiel Brunnen mit Solarpumpen gebaut, die mehr Wasser aus größerer Tiefe fördern können. Manchmal ist ein Auffangsystem für Regenwasser, zum Beispiel vom Dach der Schule, die beste Lösung. In dichter besiedelten Regionen helfen wir, Siedlungen an das öffentliche Netz anzuschließen.

Wie wird sichergestellt, dass all das dauerhaft funktioniert?

UNICEF kommt nie von außen, sondern die Mitarbeiter arbeiten von Anfang an direkt mit den Dorfältesten und den lokalen Behörden auf Distrikt- und Provinzebene zusammen. Sie selbst übernehmen Verantwortung – und wir helfen ihnen mit unserer Erfahrung, ihre Pläne und Wünsche auch gut umzusetzen. Um die Wirkung nachzuhalten, schicken wir regelmäßig unabhängige Beobachter in die Dörfer. Sie überprüfen alle Einrichtungen und schreiben Berichte an die Behörden, damit sie immer aktuell Bescheid wissen. Die Untersuchungen haben bisher ergeben, dass so gut wie alle der Brunnen und Latrinen noch funktionierten und benutzt wurden.

Über Hygieneaufklärung

Was ist so schlimm daran, wenn jemand sein Geschäft auf dem Feld oder hinter einem Busch verrichtet?

Fäkalien erhalten Krankheitserreger, die vor allem durch Regen schnell ins Grundwasser gelangen und das Trinkwasser verseuchen. Außerdem locken sie Fliegen an, die die Erreger dann auf Lebensmittel oder in die Augen der Kinder verteilen. Man muss auch bedenken, dass „das Geschäft im Freien“ ja nicht einmalig passiert, sondern durch viele Menschen, mehrmals am Tag. Im Laufe der Zeit kommen so riesige Mengen zusammen. Das machen wir den Menschen bewusst, zum Beispiel indem wir sie die Zahl der „Häufchen“ in einem Jahr selbst ausrechnen auslassen.

Wie bringt UNICEF das Tabuthema Fäkalien ins Gespräch?

Zu Beginn machen wir mit dem Dorf eine Art Workshop, mit ganz einfachen Mitteln. Oft beginnen wir mit der Frage: „Bitte sagt mir, wie nennt ihr Fäkalien in Eurer Sprache?“ Diese Frage sorgt oft schon für große Heiterkeit, so dass das Eis gebrochen ist. Dann malen die Bewohner mit Sand eine Karte ihres Dorfes auf den Boden. Mit Asche markieren sie die Orte, wo sie bisher ihr Geschäft verrichten. Dort, sozusagen direkt am Ort des Geschehens, fangen die Animateure dann Diskussionen an und machen Übungen. Sie legen zum Beispiel Essen neben einen der Haufen, so dass Fliegen von einem zum anderen wechseln. Das ist sehr überzeugend.

Was motiviert Sie, sich tagtäglich mit diesem Thema zu beschäftige?
Dass ich tagtäglich die Wirkung unserer Arbeit sehen kann. Die Dörfer sind unglaublich dankbar für ihr neues Wissen und dafür, dass es ihnen plötzlich und sehr konkret besser geht. Es ist schon unglaublich, was für einen großen Unterschied etwas so Einfaches wie ein Plumpsklo machen kann. Deshalb werde ich auch nie müde, darüber zu reden!

Über wirtschaftliche Entwicklung

Warum ist es UNICEF so wichtig, gerade die Ärmsten zu erreichen?

Mosambik entwickelt sich wirtschaftlich gut, es gibt Steinkohle, zunehmend wird Tabak angepflanzt. Aber uns ist es wichtig, dass alle von dieser Entwicklung etwas haben – gerade die oft völlig mittellosen Familien, die in der Stadt nach einem besseren Leben suchen. In den Armenvierteln der Städte sind die Wasserpreise oft ein Problem: Manche Familien in diesen Vierteln zahlen bei Wasserhändlern 50 Mal mehr für einen Liter Wasser als Familien, die einen eigenen Wasserhahn haben. Deshalb ist es sehr wichtig, dass sie eine gute und preiswerte Versorgung haben.

Wird die wirtschaftliche Entwicklung bei den Kindern ankommen?

Dafür machen wir uns sehr stark. UNICEF drängt zum Beispiel bei der Regierung darauf, dass höhere Steuereinnahmen den Kindern zugutekommen müssen. Wir wissen aus Erfahrung, dass gerade Investitionen in die Ärmsten sich langfristig auszahlen. Deshalb werden wir hier nicht lockerlassen.

Was macht Sie optimistisch, dass die UNICEF-Arbeit langfristig Früchte trägt?

Die bisherigen Fortschritte. Ich bin selbst aus Mosambik und stolz, dass es auch dank UNICEF in den letzten 15 Jahren gelungen ist, die Kindersterblichkeit zu halbieren. So werden jedes Jahr Tausende Kinder gerettet, auch durch bessere Wasserversorgung. Vier von fünf Kindern im Land gehen heute schon zur Schule – mehr denn je, auch wenn die Qualität oft noch schlecht ist. All das gibt den Kindern von Mosambik Chancen – deshalb bin ich optimistisch!


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